Ist digitales Lesen schlecht für Kinder?

Digitales Lesen ist keine Entweder-oder-Entscheidung.

Das Lesen mit elektronischen Medien ist heutzutage weit verbreitet. Kein Wunder, dass vermehrt kritische Stimmen laut werden, die die zukünftige Lesekompetenz der jüngeren Generation infrage stellen. Die Kritiker befürchten, dass Kinder und Jugendliche in absehbarer Zeit nicht mehr fähig sein könnten, komplexere Texte zu verstehen, weil sie nur noch mit verkürzten Texten konfrontiert werden, die gerade mal auf das Display ihres Smartphones passen. Auch viele Eltern machen sich Gedanken darüber und fragen sich, ob digitales Lesen schlechter für ihr Kind ist als analoges Lesen, und ob sie ihren Kindern das Lesen mit dem E-Reader überhaupt erlauben sollen. Grund genug für uns, das Thema »digitales Lesen« einmal näher zu beleuchten.

Studien zeigen Unterschiede beim Leseverstehen, geben aber auch Entwarnung.

Im Jahr 2018 wurde von mehr als 200 europäischen Leseforschern die sogenannte »Stavanger-Erklärung« herausgegeben. Sie fasst die Forschungsergebnisse zum Einfluss der Digitalisierung auf die Lesepraxis zusammen. Das Ergebnis: Wer wissenschaftliche Texte auf Papier liest, kann Informationen besser verarbeiten, als wenn er digital liest, weil am Bildschirm meist schneller und oberflächlicher gelesen wird. Aber die Meta-Studie fand auch heraus – und das ist die gute Nachricht und für die Diskussion über die Zukunft des Lesens maßgeblich – , dass dieser Effekt nicht für erzählerische Texte gilt.

Mit anderen Worten: Digitales Lesen von narrativen E-Books schneidet nicht schlechter ab als das gute alte analoge Lesen eines Buches. Und das ist entscheidend, denn wie wir aus der Forschung wissen, sind es gerade die narrativen Stoffe, wie z. B. Erzählungen, die sich besonders positiv auf die kognitive Entwicklung von Kindern auswirken.

Auf das Sowohl-als-auch kommt es an.

Die Debatte über digitales Lesen sollte sich also nicht um ein Entweder-oder drehen, sondern um ein Sowohl-als-auch. Die Frage sollte nämlich sein, welches Medium zu welcher Form des Lesens passt und welche Lesestrategie hierfür angeraten ist. Hierbei müssen Lesestrategien für das Lesen am Bildschirm ebenso wie für das Lesen auf Papier erlernt und geübt werden.

Noch ein wichtiger Aspekt: Das Lesen mit elektronischen Medien ist heute eine unabdingbare Voraussetzung für die Teilhabe an Bildungsangeboten, Arbeitsprozessen und Freizeitaktivitäten und das wird in Zukunft noch weiter zunehmen.

Unser Fazit:

Lesen ist auch im digitalen Zeitalter eine Schlüsselkompetenz. Es kommt letztendlich nur darauf an, wie wir unsere Kinder bei ihrer Leseentwicklung sowohl in der analogen als auch in der digitalen Welt begleiten. Digitales Lesen ist per se weder gut noch schlecht. Der große Vorteil ist: Kinder und Jugendliche lesen damit nachweislich häufiger und freiwillig und das wünschen sich schließlich alle Eltern!

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Sie haben Fragen oder wünschen sich eine Elternberatung? – Unsere Team-Assistentin Dunja Scherer ist gerne für Sie da! Kontakt: 06221 – 60 19 82 oder per E-Mail